Spleissen
Dieses war ein Artikel 1986 für das „Hochhinaus“, das Magazin des Drachen-Club-Deutschland e.V.
hier nochmals der Text! – überarbeitet 2015 –
Es ist keine besondere Weisheit, aber auch der schönste Drachen benötigt zum Fliegen eine Schnur, Pardon eine LEINE.
Und da sind wir auch schon beim Thema!
Selten wird diesem Utensil die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei ist es ganz entscheidend in welcher Relation Querschnitt, Gewicht und Reissfestigkeit stehen.
Jeder Drachenfreak hat da seine ganz bestimmten Erfahrungen gesammelt, die ich an dieser Stelle auch nicht anzweifeln möchte.
Eine Tatsache aber ist unstrittig:
Die Knotenreissfestigkeit einer Leine ist erheblich geringer, als die vom Hersteller angegebene lineare Reissfestigkeit. Je nach Knoten kann das gute Stück nur noch 60 bis 40% Festigkeit bieten.
Auf der Suche diesen Missstand zu verbessern, lernte ich das No-Knot System der Firma Rainbow Kite Co. kennen.
Für die von dieser Firma gelieferte HERCULINE eine prima Möglichkeit mit so erhaltenen Schlaufe fast an die lineare Rissfestigkeit zu gelangen. Der Nachteil hier: Man kann in die Schlaufe keinen geschlossenen Ring oder eine Verstärkung gegen Abrieb einbringen und es lässt sich nicht bei Leinen mit einer „Seele“ anwenden. – die meisten verfügen aber über eine! –
Also habe ich das Verfahren etwas modifiziert!
Wie kann man nun einen „Spleiss“ herstellen?
Als Werkzeug benötigen wir eine RETOURNIERNADEL s. 1
– Bem.: in dickerer Ausführung wird sie zum Teppichknüffen verwendet. Man kann sie Fachgeschäft für Handarbeitszubehör oder auch im Drachenladen „Vom Winde verweht“ kaufen.
Die Leine muss etwas aufgestaucht werden, sodass man mit der Nadel in das Geflecht eintauchen kann s. 2.
Dann fährt die Nadel 4 bis 5 cm in der Leine entlang und tritt wieder aus s. 3.
Mit dem Haken der Nadel wird, nachdem wunschgemäß ein Ring und/oder Verstärkung aufgefädelt ist, das freie Ende der Leine gefangen und durch diese zurückgezogen. Beim Eintauchen der Nadel fällt die kleine Klappe „a“ automatisch zu und verhindert ein Verhaken im Inneren der Leine.
Schon jetzt merkt man beim Zug an der Schlaufe, wie sich nach dem Prinzip des chinesischen Fingerlings das System festzieht. Nur Druck fällt es noch nicht aus! Damit dieses stabiler wird, ziehen wir jeweils das freie Ende Leine nach ca. 5 cm Zwischenabstand noch ein bis zwei Mal durch s. 4.
Nachdem letzten Durchziehen schneiden wir das freie Leinenende so kurz ab, das es nach dem „Strippen“ in der Leine verschwindet. Schon fertig! s. 5.
An dieser Stelle reisst keine Leine mehr.
– ausgehend von der Knotenreissfestigkeit habe ich Verbesserungen von bis zu 125% erzielt. –
Es ist doch klar, dass ich beim Kauf meiner nächsten Leine darauf achten werde, dass diese Technik anwendbar ist.
Bei gleicher Sicherheit fliegen meine Drachen an dünneren Leinen und danken mir dieses durch Steigfreudigkeit.
Weitere Anwendungen dieser „Häkeltechnik“ sind das knotenlose Reparieren bzw. Verlängern s.6, das Verzweigen oder anbringen von Schlaufen s.7.
Noch ein Rat!
Wer die Möglichkeit hat an Schrumpfschlauch zu kommen (es gibt ihn in allen Grössen und wird überwiegend in der Elektrotechnik eingesetzt) kann damit sehr leicht Verstärkungen gegen Abrieb oder Sicherungen gegen Verrutschen herstellen!
Allen, die diese Technik ausprobieren wollen, wünsche ich die nötige Geduld.
Till Krapp